Skitourengehen boomt: Im Alpenraum gibt es nach Schätzungen der Alpenvereine weit über eine Million Menschen, die sich auch bergauf die Skier anschnallen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Außer dem Glücksgefühl, das sich bei der Abfahrt durch unberührten Pulverschnee einstellt, ist es die Freude an der sportlichen Betätigung im Gebirge, an der Natur, am Unterwegssein mit Freunden. Hinzu kommt der sportliche Ehrgeiz, höher, schneller oder weiter als andere auf Skitour zu gehen. Das Skibergsteigen oder auch Skitourengehen hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt – zu einer Trendsportart, die alle Ausprägungen zwischen Gesundheit, Genuss, Leistung, Wettkampf und Abenteuer bereithält. Speziell für Einsteiger ist jedoch eine gute Vorbereitung entscheidend. Dies betrifft sowohl die Ausrüstung wie Skischuhe oder LVS-Gerät, die Wahl funktioneller Bekleidung wie etwa extrem atmungsaktive GORE-TEX Active Produkte sowie auch die konkrete Tourenplanung mit dem Einschätzen des Wetters und das Beachten von Lawinenwarnhinweisen.
Tipp 1: Lawinenkunde und Schneebeschaffenheit
Grundsätzlich kann sich jeder ins Skitourenvergnügen stürzen – wenn man sich mit den Besonderheiten des Skitourengehens vertraut macht und sich über die Risiken informiert. Eine alpine Tour im Winter ist komplexer als sommerliches Bergsteigen. Solide Vorbereitung und ein fundiertes Wissen um die Gefahren, die im winterlichen Gebirge lauern, sind unerlässlich. Außer der eigenen Fitness und der Fähigkeit, diese auch unter erschwerten Bedingungen wie Kälte und Wind einschätzen zu können, braucht es Kenntnisse über Wetter, Orientierung, Lawinenkunde und Schneebeschaf-fenheit.
Über die Lawinenwarnstufen informieren die Lawinenwarndienste der Alpenländer und die Seiten der Alpenvereine wie etwa www.lawinenwarndienst-bayern.de oder www.lawine.at. Für Touren in der Schweiz konsultiert man am besten das Schweizerische Lawinenforschungsinstitut SLF: Während der Hauptsaison wird täglich morgens (vom SLF sogar nochmals am frühen Abend) der aktuelle Lawinen-
lagebericht bzw. das Lawinenbulletin veröffentlicht. Einen Bergwetterbericht stelltbeispielsweise www.zamg.de zur Verfügung.
Tipp 2: Spezielle Skitourenausrüstung
Skitourengehen ist eine sehr ausrüstungsintensive Sportart: Auch altgediente Skifahrer müssen sich komplett neues Equipment besorgen, wenn sie von der Piste ins Backcountry abbiegen möchten. Es werden völlig andere Anforderungen vor allem an Bindungen, Skischuhe und Bekleidung gestellt als beim Pistenskilauf. Hinzu kommt die Lawinenausrüstung: LVS-Gerät Lawinenverschütteten-suchgerät), Sonde und Schaufel sind die absolute Grundausstattung, um im Notfall einen verschütteten Skifahrer möglichst rasch ausgraben zu können. Etwas mehr Sicherheit bieten beispielsweise spezielle Lawinenairbags. Diese sind zwar teuer, aber die einzige Möglichkeit, um im Falle eines Lawinenabgangs einer Verschüttung vorzubeugen. Hier empfiehlt es sich, nicht auf den Preis zu schauen: Je neuer die Geräte, desto besser, präziser und einfacher in der Handhabung sind sie. Informationen über Lawinenairbags und weiteres Zubehör erhält man am besten im spezialisierten Fachhandel oder bei Bergschulen. Einen Überblick über Produkte erhält man in einschlägigen Print- und Onlinemagazinen wie etwa Alpin, Bergsteiger, PlanetSnow, Skitour-Magazin, powderguide.com, freeskiers.net, downdays.eu oder skitour-magazin.de – um nur Einige zu nennen.
Tipp 3: Software – Bekleidung im Zwiebellook-Prinzip
Auch die Bekleidung muss bei Skitouren einiges leisten, um den Körper bei Laune und auf optimaler Betriebstemperatur zu halten. Und die Umstände dafür sind widrig: Im Tal ist es vielleicht relativ warm, weiter oben ist die Luft eiskalt, vielleicht stürmt und schneit es. Gleichzeitig produziert man im Aufstieg viel Wärme und schwitzt. Bei der Gipfelrast und bei der Abfahrt kühlt man dagegen sehr schnell aus. Das heißt, man muss sich vor Wind und Kälte schützen. Das entscheidende Kriterium ist das Lagensystem oder auch Zwiebellook-Prinzip genannt: Auf der Haut eine anliegend geschnittene Funktionsunterwäsche aus schnell trocknendem Material (Synthetikfasern oder Merinowolle), darüber eine zweite isolierende Schicht, etwa ein Fleece, und als äußerste Lage eine wind- und wasserdichte Jacke bzw. Hose. Für sportliche Skitourengeher wurden GORE-TEX Active Produkte entwickelt: Bekleidung mit GORE-TEX Active Produkttechnologie z.B. von Maloja (maloja.de), Dynafit (dynafit.de) oder La Sportiva (lasportiva.com) ist speziell für extreme Atmungsaktivität konstruiert und ideal für hoch aerobe Aktivitäten wie schnelles Skibergsteigen und andere Ausdauersportarten mit sehr großer körperlicher Belastung. Im Rucksack sollte man ein zweites Paar Handschuhe, eventuell einen Baselayer zum Wechseln und bei sehr kalten Temperaturen eine weitere Isolationslage (z.B. eine leichte Daunenjacke) für Pausen während des Aufstiegs oder am Gipfel mitführen. Weitere Informationen zu GORE-TEX Active Produkten unter www.gore-tex.de.
Tipp 4: Hardware – Kompromiss zwischen Aufstiegs- und Abfahrtsspaß
Am augenfälligsten ist der Unterschied vom Skitourengehen zum „normalen“ Skifahren bei der Hardware: Die einen fahren nur runter, die anderen gehen bergauf – mit Skiern an den Füßen. Das wird durch Steigfelle möglich, die am Skibelag befestigt werden: Damit kann man bis zu 30 Grad steile Hänge hoch marschieren, ohne zurück zu rutschen. Die spezielle Tourenbindung ist im Gehmodus an der Ferse nicht fixiert, so dass man über die Fußspitze abrollen und somit fast normal gehen kann – ähnlich wie beim Langlaufen. Für die Abfahrt verriegelt man die Bindung an der Ferse und ist dann fest mit dem Ski verbunden – wie beim Pistenskilauf. Tourenskistiefel sind im Gehmodus wesentlich beweglicher als normale Skistiefel und bieten großen Flex im Sprunggelenk. Außerdem besitzen sie eine Profilsohle, um auch bei Gehpassagen (etwa auf Fels oder bei sehr steilen Abschnitten) Trittsicherheit zu bieten. Auch können die Stiefel für die Abfahrt verriegelt werden und man steht dann fast genauso fest auf dem Ski wie mit normalen Skistiefeln.
Tipp 5: Sicherheit – Kein Kompromiss
Tiefschneefahren – was gibt es Schöneres? Doch wo der Schnee tief und die Hänge steil sind, ist die Gefahr von Lawinen nicht weit weg. In eine Lawine zu geraten, bedeutet immer akute Lebensgefahr. Das oberste Ziel für Skitourengeher und Freerider muss daher sein, gar nicht erst in eine prekäre Situation zu geraten. Im freien Skigelände abseits der Piste lässt sich dies auch mit guter Planung nicht hundertprozentig kontrollieren. Ebenso wie Ski, Felle und Stöcke gehören als Notfallausrüstung deshalb eine Lawinensonde, eine stabile Lawinenschaufel aus Metall und ein eingeschaltetes Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS) ins Gepäck. Diese Utensilien helfen, einen Verschütteten möglichst schnell zu bergen. Doch auch mit LVS und Co. bedeutet dies einen Kampf gegen die Uhr, denn die Überlebenschan-cen sinken nach 15 Minuten rapide: Nach 30 Minuten unter dem Schnee liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit bei nur noch der Hälfte. Am besten ist es also, gar nicht verschüttet zu werden. Dies ist nur mit sogenannten Lawinenairbags möglich – wenn überhaupt: Ein großes Luftkissen, das sich explosionsartig entfaltet, hilft, bei einem Lawinenabgang an der Oberfläche zu bleiben. Aber das beste Werkzeug nutzt nichts, wenn man damit nicht umgehen kann. Deshalb: Üben, üben, üben.
Tipp 6: Übung auf der Piste
In den letzten Jahren hat das Tourengehen auf Skipisten an Beliebtheit gewonnen. Dort findet man zwar keine Bergeinsamkeit und oft auch keinen unverspurten Hang, dafür muss man sich nicht um Orientierung und Lawinenlage kümmern. Außerdem bieten die planierten Pisten oft durch künstliche Beschneiungsanlagen die ganze Saison durch brauchbare Geh- und Abfahrtsverhältnisse. Pistentouren sind für Anfänger optimal, um Material und Bewegung kennen zu lernen. Bei Touren im Skigebiet kann man auf die Lawinenausrüstung verzichten – aber nur, wenn man auch im gesicherten Skiraum wieder abfährt! Bei allem Komfort ist bei Skitouren
im Pistengebiet auf die herunter sausenden Pistenskifahrer zu achten. Um Konflikte zu vermeiden, sollten man sich vorab über die örtlichen Regelungen informieren und vor Ort Hinweisschilder und Wegweiser beachten. In manchen Gebieten sind bereits spezielle Aufstiegsspuren für Skitourengeher neben den Skipisten ausgeschildert. Nachts ist das Begehen und Befahren von Pisten übrigens verboten: Dann werden die Pisten für den nächsten Tag präpariert und es herrscht Lebensgefahr! Bei falscher und unbedachter Ausübung ist also auch das an sich harmlose Pistengehen noch mit einigen Risiken verbunden. Ein nettes und sehr aufschlussreiches Youtube-Video dazu: http://tinyurl.com/pcc53p2.
In den bayerischen Alpen existieren mittlerweile in vielen Gebieten Regelungen, beispielsweise am Tegelberg, in Oberammergau, Garmisch, am Spitzingsee und in Berchtesgaden, zum Teil sind spezielle Aufstiegsspuren ausgewiesen. Dort sind an manchen Tagen sogar beleuchtete Feierabendtouren möglich: Manche Pisten bieten Nachtskilauf bis 22 Uhr an. Praktisch, weil man dann im Licht der Stirnlampe aufsteigen und im Flutlicht gefahrlos wieder abfahren kann. Weitere Informationen finden sich zum Beispiel im Internet auf den Seiten der Alpenvereine (alpenverein.it, .de, .at, .ch) sowie auf den Seiten der jeweiligen Liftbetreiber.
Tipp 7: Wohin auf Tour? Aller Anfang muss nicht schwer sein
Wer jetzt Lust bekommen hat, diesen Trendsport auch auszuprobieren, für den bieten sich zuallererst die genannten Skigebiete mit guter Infrastruktur an. Denn immer gilt: Von leicht zu schwer, von kurz zu lang, von wenig zu viel. Man sollte sich nicht überfordern und natürlich kein Risiko eingehen. Am besten schließt man sich daher einer geführten Gruppe an und belegt einen Skitouren- bzw. Lawinenkurs, um sich mit der Materie vertraut zu machen.