Am 5. Juli 2018 startet GORE-TEX Athlet Stefan Glowacz zu seiner bisher längsten Expedition. Auf seinem Weg nach Schottland legt der 53-jährige Abenteurer in der Nähe von Köln allerdings noch einen Zwischenstopp ein, um Jannik Fröhlich in seinem Wohnzimmer in Kottenheim einen Besuch abzustatten. Jannik, selbst begeisterter Sport- und Alpinkletterer hat den exklusiven, privaten Abend mit Stefan Glowacz im Rahmen der GORE-TEX Athletencouch gewonnen, die in Kooperation mit dem Bergmagazin ALPIN und Marmot Mountain Europe zum dritten Mal stattfindet. Übrigens: Wer während der ersten 15 Minuten live dabei sein möchte, kann sich am 5. Juli 2018 ab 19:30 Uhr über den GORE-TEX Facebook-Kanal zuschalten. Für alle Interessierten gibt’s hier außerdem reichlich Bonusmaterial: Wohin führt die aktuelle Expedition? Was treibt Glowacz an? Wie kam er zum Klettern? Wie hält er es mit dem Thema Sicherheit?
Aber nun zu Stefan Glowacz: Seit über 30 Jahren prägt Stefan Glowacz die Kletterszene, die er in den 1980-er Jahren als Frontmann einer neuen Bewegung regelrecht dominierte. Der 53-jährige Vollblutsportler aus Garmisch-Partenkirchen und GORE-TEX Athlet ist allerdings mehr als ein tollkühner Vertikal-Akrobat: Er ist ein waschechter Abenteurer. Männer wie Humboldt, Scott oder Shackleton stehen ihm gesinnungsmäßig näher als namhafte Bergsteiger, die beispielsweise Achttausender sammeln. In Kürze bricht er wieder auf. Am 5. Juli 2018 bricht GORE-TEX Athlet Stefan Glowacz gemeinsam mit seinen Teamkollegen, Thomas Ulrich, Philipp Hans und Skipper Wolf Kloss zu seiner bisher längsten Expedition auf. Für das Projekt „Coast to Coast 2018“ sind insgesamt etwa 100 Tage eingeplant. Das finale Ziel des Vorhabens, bei dem unterschiedliche sportliche Ansätze (Segeln, Big Wall Klettern, Skidurchquerung) kombiniert werden, ist Grönland, die größte Insel der Welt. Getreu dem Motto „by fair means“ steht das Slow Travel Abenteuer unter der Prämisse, auf dem gesamten Hin- und Rückweg einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Auf schnelle Transportmittel wie Flugzeuge oder Helikopter wird verzichtet. Los geht es daher in Elektrofahrzeugen ab Starnberg bis nach Schottland. Von dort mit der „Santa Maria“, einer 14 Meter langen Stahlyacht über Island weiter an die Westküste Grönlands, von wo aus das Inlandeis bis an die Ostküste durchquert und dort an Big Walls geklettert wird, ehe man im Team wieder den langen Heimweg nach Bayern per Segelschiff und Elektrofahrzeug antritt.
Profikletterer Stefan Glowacz bewegt sich auf seinen Expeditionen also durchaus da, wo sich auch andere Kletterer seines Formats tummeln: In Patagonien, Mexiko, Grönland, in der Antarktis, im Oman, in Kanada, Venezuela oder auf Baffin Island . Allerdings macht er um klassische Ziele einen weiten Bogen. Glowacz sucht die letzten weißen Flecken auf dieser Erde. Sie zu finden verlangt mittlerweile ziemlich viel Kreativität. Aus eigener Kraft dort anzukommen, bedeutet die zweite große Herausforderung und meist eine fürchterliche Schinderei. Die Herausforderung in einer Wand ist in der Planung Kern einer jeden Expedition. Sie definiert das Ziel. Wenn man aber wie Glowacz „by fair means“ unterwegs ist, genügt der Gipfel nicht. Auf den Weg dorthin kommt es an. Man lässt sich nicht eben an den Wandfuß fliegen, schleppt sein Equipment also vom letzten Punkt der Zivilisation aus bis hin zum Objekt der Begierde selbst. Aus eigener Kraft. Auch wieder retour, Müll natürlich mit eingeschlossen. Es mag etwas abgedroschen klingen, jedoch passt es im Fall von Glowacz: Der Weg ist sein Ziel. Um etwa auf Baffin Island die Erstbesteigung der 700 Meter hohen Granitwand „The Bastions“ zu realisieren, quälten sich Glowacz und sein Team wochenlang durchs Packeis. Dabei zogen sie 750 Kilogramm Ausrüstung auf Schlitten durch die weiße Wüste. Aus eigener Kraft. Abgeschieden, ausgesetzt, auf sich allein gestellt. „Take the long way home“ taufte Glowacz die Route später. Ganz anders bei seiner Antarktis-Expedition: Ein schmales Budget schloss eine Anreise per Flugzeug aus. Besessen von der Idee am 7. Kontinent zu klettern, ließ sich Glowacz auf eine strapaziöse Alternative ein. Von Feuerland durch die Drake-Passage zu segeln glich einem mehrtägigen Höllenritt. In Kanada wäre er auf dem Weg zum „Cirque of the Unclimbables“ einmal beinahe verhungert. Die beschwerliche Anreise im Schlauchkanadier dauerte nämlich viel länger als geplant. Das kalkulierte Essen reichte bei weitem nicht. Eine Stechmückenplage trieb ihn zudem beinahe in den Wahnsinn. Eisbären bedrohten schon sein Leben. Mal friert Glowacz, mal setzt ihm die Hitze zu oder heißt es im Biwak tagelang auf Wetterbesserung zu warten. Ein Grenzgang sind seine Kletterexpeditionen bis heute immer.
Die Entlegenheit der Kletterwände scheint zwangsläufiger Bestandteil seiner Projekte zu sein, um auf dem Weg dorthin Herausforderungen zu meistern, sich lauernden Gefahren zu stellen, körperlich und mental dabei an die Grenzen zu gehen. Verfolgt man Stefans Expeditionen, kommt man am trefflichen Adjektiv „mühselig“ wohl nicht vorbei. Qualen auszuhalten scheint bei ihm die Glücksgefühle danach zu intensivieren. Glowacz hat während einer Expedition meist schon das nächste Ziel im Kopf. Ist der Freigeist zu lange zu Hause, wird er unruhig. Und umgekehrt: In der Ferne, wenn die Strapazen mal wieder einen Höhepunkt erreichen, sehnt er sich nach Daheim. Am Starnberger See ankert Stefan Glowacz, wo der Vater von Drillingen in zweiter Ehe mit seiner Frau Tanja Valérien-Glowacz in der Ortschaft Berg zu Hause ist. No risk, no fun? Sicherheit ist heute etwas, worauf Glowacz besonderen Wert legt. Free Solo Aktionen gibt es keine mehr in Repertoire des 53-Jährigen. Das ist er nicht nur seiner Familie schuldig. Auch sich selbst. Es gibt schließlich ein Leben vor dem Tod. Zwei Lektionen hat es gebraucht, um das zu akzeptieren. Einen schweren Absturz beim ungesicherten Klettern in Kochel und einen Lawinenabgang im Engadin, den Glowacz überlebte. Less risk, more fun!
Der obere 10. Schwierigkeitsgrad in Felsrouten war in den Neunzigern eine Art Schallmauer. Nur Auserwählte wagten sich daran. 1994 gelang es gleich drei Helden der Kletterszene. Beat Kammerlander im Rätikon, Thomas Huber in den Berchtesgadener Alpen und Stefan Glowacz im Wilden Kaiser. Am 250 Meter hohen Fleischbankpfeiler ging es für Glowacz in der Route „Des Kaisers neue Kleider“ regelrecht um alles. Monatelang richtete er sein Leben nach dieser Route aus, ordnete ihr alles unter. Wie besessen pilgerte er Wochenende um Wochenende in den Kaiser. Die Schlüsselstelle, die sein Leben gänzlich in der Hand hatte, ging er in seinen Träumen durch, baute sie zu Hause nach, um sie zu üben. Nie zuvor und nie mehr danach in seinem Leben hatte Glowacz – wie er selbst sagt – so hart für eine Sache kämpfen und leiden müssen. Der ersehnte Erfolg in der Route war eine unglaubliche Befreiung für ihn als Kletterer, aber auch als Mensch. Ähnlich getrieben präsentiert sich Glowacz jüngst in einem Sisyphos-Projekt unmittelbar vor seiner Haustür. Vor über 15 Jahren haben der Profikletterer und sein Garmischer Kumpel Markus Dorfleitner (46) eine Linie an der Schwarzen Wand im Wettersteingebirge ausgespäht, eingebohrt und seither im Visier. 2017 haben die beiden Freunde ihrem Langzeitziel einen Sommer lang alles andere untergeordnet, trainiert wie verrückt und unzählige Versuche unternommen. Trotz diverser Anläufe hat eine erfolgreiche Rotpunktbegehung bisher nicht geklappt, weil man wieder und wieder an der entscheidenden Kletterpassage scheiterte. Aufgeben ist allerdings noch keine Option. Glowacz und Dorfleitner sind nicht müde, es weiter versuchen. In jungen Jahren war Glowacz durchaus erfolgsverwöhnt. Er tingelte von einem Kletterevent zum nächsten. An künstlichen Wänden ging er mit der Konkurrenz auf Tuchfühlung. Wettkampfklettern erlebte damals einen wahren Boom. Glowacz war einer der großen Helden dieser Zeit. Gleich dreimal (1987, 1988 und 1992) holte er den begehrten Titel des Rock Masters im italienischen Arco. Er war nicht nur Gast im Aktuellen Sportstudio, sondern auch Hauptdarsteller in der Werner Herzog Verfilmung „Schrei aus Stein“ und in diversen Willi Bogner Produktionen zu sehen. Sein Gesicht zierte Titelseiten. Glowacz war dabei, wie er in seinem Buch „On the Rocks“ beschreibt, kurz davor die Bodenhaftung völlig zu verlieren. Weit war er von seinen Wurzeln, dem Klettern an natürlichen Felswänden, abgekommen. Die Konsequenz: 1993 tritt er letztmalig bei einem Kletterevent an, wurde Vizeweltmeister in Innsbruck und kehrte dem Wettkampfklettern, das 2020 in Tokyo erstmals olympisch wird, ein für allemal den Rücken zu. Seither zieht es den Abenteurer, der seit 1996 mit der Marke „Red Chili“ auch als Unternehmer tätig ist und Kletterschuhe produziert, auf seinen Expeditionen in die entlegensten Winkel der Erde. Mehr Informationen zu Stefan Glowacz findest du auf seiner Webseite bzw. über Facebook und Instagram.